Für ihn war der Weg zur "Sexy"-Variante vorgezeichnet - den

Für ihn war der Weg zur "Sexy"-Variante vorgezeichnet - den
Ein Rückblick in die Entstehungsphase der "Commedia sexy all'italiana"

Freitag, 23. Mai 2014

Sette uomini d'oro (Sieben goldene Männer) 1965 Marco Vicario

Inhalt: Ein Rolls-Royce hält vor einem Luxus-Hotel in bester Stadtlage, der Chauffeur springt heraus und öffnet die Tür für ein attraktives Paar, das alle Aufmerksamkeit auf sich zieht – ein englischer Gentleman alter Schule (Phillipe Leroy) und seine schöne, auffällig gekleidete Begleiterin (Rossana Podestà). Selbstverständlich ließen sie eine große Suite reservieren, aber den wahren Grund ihrer Anwesenheit ahnt Niemand. Von dort haben sie den besten Blick auf die Bank, die sie um ihre Goldbarren erleichtern wollen.

Ihre sechs männlichen Begleiter haben mit ihrem Tagwerk schon begonnen, eine Baustelle mitten auf dem verkehrsreichen Platz eingerichtet und befinden sich auf dem Weg Richtung Tresor, gelenkt von dem „Der Professor“ genannten Gentleman, der nicht nur den Plan ausklügelte, sondern auch über eine moderne technische Ausrüstung verfügt. Doch ohne Giorgia kann das Unternehmen nicht gelingen, deren Erscheinung für die notwendige Ablenkung sorgen soll…


Nachdem Marco Vicario als Darsteller über Nebenrollen nicht hinausgekommen war, begann er Ende der 50er die Seiten zu wechseln, produzierte seine ersten Filme, schrieb Drehbücher für die damals angesagten Sandalenfilme ("La schiava di Roma" (Antea - Sklavin Roms, 1961)) und saß bei dem Mondo-Film "Il pelo nel mondo" (Mondo inferno - Alle Sünden dieser Welt (1964)) gemeinsam mit Antonio Margheriti auf dem Regiestuhl. Die Schauspielkarriere seiner Ehefrau Rossana Podestà verlief dagegen sehr erfolgreich. Schon früh wurde sie in erotischen Rollen als "Femme fatale" in Filmen wie "La red" (Brandung der Leidenschaft, Mexico 1953) und "Helen of Troy" (Die schöne Helena, 1956) bekannt und spielte bis in die frühen 60er Jahre diverse Hauptrollen in Abenteuer- und Sandalenfilmen. 1964 hatte sie auch Margheriti in "La vergine di Norimberga" (Die Gruft der lebenden Leichen) besetzt, so dass es nur eine Frage der Zeit war, bis mit "Le ore nude" (Die nackten Stunden, 1964) - ein Drama nach einem Roman Alberto Moravias - ihr erster Film unter der Regie ihres Mannes herauskam. Doch erst dessen Nachfolger "Sette uomini d'oro" (Sieben goldene Männer), den Vicario in seiner Mischung aus Heist-Movie und Komödie seiner schönen Frau auf den Leib schrieb, brachte den Durchbruch auch an den Kinokassen.

Mit Ugo Tucci ("Boccaccio '70", 1962) hatte sich Marco Vicario einen bisher im künstlerisch-intellektuellen Kino aktiven Co-Produzenten ins Boot geholt, der sich nach der Zusammenarbeit mit Vicario vermehrt dem Genre-Film zuwandte, Sergio Leones „C’era una volta il West“ (Spiel mir das Lied vom Tod, 1968) mitproduzierte und später auch für Lucio Fulcis Einstieg ins Horror-Genre verantwortlich zeichnete ("Zombi 2" (Woodoo - Schreckensinsel der Zombies, 1979)). Rossana Podestà als erotischer Blickfang und der französische Mime Phillipe Leroy als englischer Gentleman und Mastermind sollten im Mittelpunkt einer intelligenten Story stehen, die sich in ihrer Anlage eines ausgeklügelten Bankraubs am französischen Klassiker "Rififi" (1955) orientierte, diesen aber modern im Stil des damals populären Agenten-Films interpretierte. Die futuristische technische Ausstattung, der konsequent englische Charakter des "Professors" Albert (Phillipe Leroy) und die verbal-erotischen Spielereien mit seiner Geliebten Giorgia (Rossana Podestà) lassen den "James Bond"-Einfluss auf einen klassischen 60er-Jahre Unterhaltungsfilm nicht übersehen, der dank der Kombination mit einer internationalen 6köpfigen Crew, deren Vornamen alle mit "A" beginnen, zu eigenständiger, höchst amüsanter Form aufläuft.

Ohne die extravagant gekleidete Frau und die sieben Männer näher vorzustellen, geht „Sette uomini d’oro“ gleich in die Vollen. Während der Professor und Giorgia ihre Zentrale in der Suite eines mondänen Hotels aufbauen, von wo sie einen idealen Blick auf das Objekt der Begierde genießen – eine Schweizer Bank mit einem unermesslichen Vorrat an Goldbarren im damals selbstverständlich modernsten aller Tresore –  beginnen ihre sechs Kumpanen mit der Handarbeit. Als städtische Mitarbeiter gekleidet, richten sie mitten im Verkehr eine Baustelle ein, von der sie sich erst in die Tiefe begeben, bevor sie über komplizierte Wege unter die gelagerten Goldbarren gelangen, immer geleitet von der radargesteuerten Anlage des Professors. Der Beginn verläuft noch ruhig – die einzelnen Schritte der Truppe linear begleitend – aber je vertrauter die einzelnen, größtenteils von bekannten italienischen Darstellern gespielten Protagonisten dem Betrachter werden, je höher steigt das Tempo. Es kommt zu den erwarteten Komplikationen, aber damit gibt sich der Film nicht zufrieden, sondern schlägt immer neue überraschende Volten, die an den Stil von „Ocean’s eleven“ (Frankie und seine Spießgesellen, 1960) erinnern, den das Duo Clooney-Soderbergh 2001 wieder zu neuem Leben erweckte.

Wie in Gauner-Komödien üblich, handelt es sich bei den Banden-Mitgliedern um manchmal etwas raue, aber sympathische Gesellen, während sich die wahren Übeltäter hinter ihrer bürgerlichen Fassade verbergen. Allzu moralisierend kam „Sette uomini d’oro“ glücklicherweise nicht daher, auch wenn die Freude an dem gelungenen Coup, die Freude an der Beute wie gewohnt überwiegen sollte, denn die 60er Jahre manifestierten sich nicht nur in der coolen Optik und der poppigen Musik, sondern in dem im Mittelpunkt stehenden Paar, das in seinem selbstbewusst, toleranten Verhalten seiner Zeit voraus war und stellvertretend für den intelligent, vergnüglichen Charakter des Films steht. Dank des großen Erfolgs ließ eine Fortsetzung nicht lange auf sich warten - unter Beteiligung derselben Crew folgte ein Jahr später: "Il grande colpo dei sette uomini d'oro" (Das Superding der sieben goldenen Männer, 1966).

"Sette uomini d'oro" Italien, Frankreich, Spanien 1965, Regie: Marco Vicario, Drehbuch: Marco VicarioMariano OzoresDarsteller : Philippe Leroy, Rosanna Podestà, Gastone Moschin, Gabriele Tinti, Maurice Poli, Renzo Palmer, Laufzeit : 83 Minuten

Nachmittäglicher Überraschungsfilm beim 1. Festival des italienischen Genre-Filmfestivals "Terza Visione" in Nürnberg vom 25. bis 27.04.2014

weitere im Blog besprochene Filme von Marco Vicario:


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Der Name "L'amore in città" bezieht sich auf einen Episoden Film aus dem Jahr 1953, der erstmals Regisseure in Italien dazu brachte, ihre extra dafür geschriebenen und gedrehten Kurzfilme zu einem Gesamtwerk zu vereinen. Der Episodenfilm steht symbolisch für eine lange, sehr kreative Phase im italienischen Film, die in vielerlei Hinsicht stilbildend für die Kunstform Film wurde. Die intensive Genre-übergreifende Zusammenarbeit unter den Filmschaffenden war eine wesentliche Grundlage dafür.